Mehr-Fieber

Immer schon wollten Menschen mehr. Mehr als sie hatten. Mehr, als ihnen zustand. Jedenfalls mehr als die anderen. Dieses „Mehr-Fieber“ ist eine der mächtigsten Triebfedern der Weltgeschichte. Und der Weltwirtschaft. Und es steckt tief in unseren Genen. Kleine Kinder muss man in der Regel nicht dazu erziehen, auch mal etwas für sich zu behalten. Im Gegenteil: Ein wichtiges Erziehungsziel heißt Abgeben lernen. Abgeben und Teilen.
Wir saßen auf der Terrasse eines Bergrestaurants. Mit unserem Sohn und seiner kleinen Tochter. Die bewohnten in unserer Ferienwohnung ein gemeinsames Zimmer. Die Kleine bekam als Erste einen Teller mit Pommes Frites. Viel zu viele für die kleine Maus. Aber sie hütete jede einzelne wie einen kostbaren Schatz. Jeder, der sie auch nur um ein winzig kleines Kartoffelstück anbettelte, bekam eine harsche Abfuhr. Papa inklusive. Ich habe dann zu einer längeren Rede ausgeholt und habe ihr erklärt, dass wir ja nun auch alles mit ihr teilen: das Auto, die Wohnung, unser Geld, das Essen. Und dass alle reicher werden, wenn sie teilen.
Was ihr einzuleuchten schien. Nach einer kurzen Denkpause sagte sie jedenfalls: „Na gut, dann teile ich ab jetzt mein Zimmer mit Papa.“ Sie hatte kapiert. Und sofort einen Ausweg gefunden. Etwas teilen, was man sowieso nicht allein besitzt - das ist die Lösung!
So entdecken wir alle immer wieder unser ganz privates Schlupfloch. Finden lauter gute Gründe, warum wir das, was uns wichtig ist, nun wirklich nicht abgeben können. Komische Leute sind wir, egoistische Leute, verblendete Leute. Denn was von dem, was wir für uns beanspruchen, gehört uns wirklich, steht uns wirklich zu? Was haben wir uns selbst zu verdanken?
Im 5. Buch Mose wird erzählt, wie Gott zu einer längeren Rede ausholt. Wie er den Israeliten erklärt, dass sie die Städte, in denen sie wohnen, nicht selber gebaut und die Weinberge und Ölbäume, von denen sie essen und trinken, nicht selber gepflanzt haben. „… wenn du nun isst und satt wirst, so hüte dich, dass du nicht den Herrn vergisst, der dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt hat.“ Vergiss Gott nicht! Und Deinen Nächsten nicht!
So könnte Leben gelingen. Und die Welt aus der Krise finden.