Atemholen 15/22
03.04.2022

Zu Beginn seiner Predigt über die Liebe stellte der Pastor der Gemeinde die Frage: „Was sind die drei gefährlichsten Buchstaben im Alphabet?“ Es dauerte eine kleine Minute, doch dann kam deutlich hörbar aus der versammelten Gemeinde der Zuruf: „ICH“. Also I - C - H. Ehrlich, daran hatte ich nicht gedacht. Doch seither geht mir dieser Gedanke nach wie ein Ohrwurm. Es gibt ja wirklich viele Probleme mit dem „Ich“. Ganz allgemeine, die mich an meinen Deutschlehrer erinnern. „Fangt nie einen Aufsatz mit ‚Ich’ an“, war sein Rat. Seither zögere ich stets instinktiv beim „Ich“ in einem Manuskript oder Brief. Es gibt noch mehr Beispiele.
Man hat sie oder auch nicht. Wenn man sie nicht hat, kommt man schlecht voran. Und wenn man sie hat, hat man sie heutzutage in einer Kiste, der Beziehungskiste, die bei den meisten Leuten bekanntlich nicht stimmt. (Dass es da noch einige Einfaltspinsel gibt, die einfach Freunde und Deppen um sich wissen, die einen aufsuchen und die anderen meiden, ihre Ehe relativ glücklich nennen und es zur Überraschung anderer auch sind, lassen wir klugerweise daneben stehen.) Wer erst einmal die Geheimnisse der Beziehungskiste kennengelernt hat, ist diesbezüglich vorläufig beschäftigt.