Atemholen Nr. 615
9. September 2018

Das Wort Bekehrung gehört zum wichtigsten Wortbestand der Bibel und stand - wie bei den Propheten - so auch bei Jesus im Zentrum der Predigt. Doch da war nichts von Fanatismus und Entwürdigung des Menschen, es ging voll um ein befreites Leben. In der bewussten Bindung an Gott treten wir ein in das Reich der Freiheit. So geht es weiter bis heute.
Mein Herz denkt an dein Wort: "Sucht mein Angesicht!" Dein Angesicht, Herr, will ich suchen. (Psalm 27,8)
Gott suchen? Man müsste die richtige Versuchsanordnung wissen. Man müsste Gott versuchen. Du weißt aber, dass es verboten ist. Trauen wir uns nicht? Oder ahnen wir bereits im Ansatz das Scheitern?
Radikale Zweifler und radikale Gottgläubige wollen wissen, wie weit man gehen kann und muss. Der verlorene Sohn probiert aus, was draußen so alles passiert. Dass er eines Tages heimkehrt, lehrt uns nicht den Unsinn solcher Eskapaden, sondern die Kraft, im Scheitern umzukehren, jedenfalls nicht zu verzweifeln.
Eine bekannte jüdische Anekdote weiß, wie traurig Gott in seinem Versteck wartet, weil ihn keiner sucht.
Weil ich etwas gebacken habe, will ich, dass es jemand versucht. Weil ich zuhause bin, will ich, dass mich jemand besucht. Weil ich mich verstecke, will ich, dass mich jemand sucht. Ich kann Gottes Traurigkeit gut verstehen.