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Das Gleichnis vom "Verlorenen Sohn"
Lukas 15,11-32
Angestoßen durch die Kritik von Schriftgelehrten und Pharisäern, die ihm verübeln, dass er gesellschaftlichen Kontakt mit stadtbekannten Sündern pflegt (vgl. Vers 1), erzählt Jesus die Geschichte vom verlorenen Sohn, sein wohl bekanntestes Gleichnis. In überwältigender Schlichtheit schildert dies Gleichnis: So ist Gott, so gütig, so gnädig, voll Erbarmen und überfließend von Liebe! Obwohl der jüngere Sohn das Erbe des Vaters verprasst hat und selbst weiß, dass er durch eigene Schuld alles verspielt hat und darum keinerlei Ansprüche mehr an seinen Vater stellen kann, freut sich der Vater über die Heimkehr des Verlorenen und veranstaltet ihm zu Ehren ein Freudenfest. Und genauso ist im Himmel bei Gott Freude über einen Menschen, der zu ihm zurück findet. Doch ist damit nur die erste Hälfte des Gleichnisses (Verse 11-24) wiedergegeben, denn es schildert ja nicht nur die Heimkehr des verlorenen Sohnes, sondern auch den Protest des älteren Bruders.
Warum diese Fortsetzung? Die Antwort liegt auf der Hand: Um der konkreten Situation willen! Jesus erzählt dieses Gleichnis ja solchen Menschen, die dem älteren Bruder gleichen, d.h. denen, die sich am Evangelium von der grenzenlosen Liebe und Vergebungsbereitschaft Gottes ärgern. Sie sollen im Gewissen getroffen werden! Ihnen sagt Jesus: So groß ist Gottes Liebe zu seinen verlorenen Söhnen und Töchtern, und ihr seid in eurer vermeintlichen Frömmigkeit so freudlos, undankbar und selbstgerecht! Freut euch doch mit, wenn Sünder umkehren und Verirrte wieder heimfinden!
Ob die Angesprochenen diese Einladung angenommen haben? Das Ende des Gleichnisses lässt dies offen. Es bricht abrupt ab, und wir erfahren nicht mehr, ob der ältere Sohn der Bitte des Vaters folgt und zum Fest kommt. Deutlich wird immerhin: Noch hat Jesus nicht den Stab über seine frommen Kritiker gebrochen. Noch hat er die Hoffnung, dass sie erkennen, wie ihre Selbstgerechtigkeit und Lieblosigkeit sie von Gott trennt, und dass sie zu der großen Freude finden, die das Evangelium bringt.
Mit freundlicher Genehmigung des SCM R. Brockhaus Verlags
Gemälde von Kristina Dittert © 2011